AP1 Koordination
Die hohe Komplexität des geplanten Projekts erfordert eine anspruchsvolle Koordination zwischen den einzelnen Partnern, insbesondere im Hinblick auf die Abstimmung der Arbeitsinhalte (Spezifikation), die Durchführung von Projekttreffen, das Berichtswesen, das Risiko- und Qualitätsmanagement sowie die Verwertung der erarbeiteten Ergebnisse. Im Hinblick auf die Spezifikation der zu entwickelnden aktiven Implantate sind auch normative Vorgaben zu berücksichtigen. Durch eine effektive Koordination wird sichergestellt, dass die Projektergebnisse den Anforderungen, die an ein Innovationscluster des BMBF gestellt werden, in angemessener Weise Rechnung tragen.
AP2 Implantatelektronik
Es sind zunächst Lösungsprinzipien zur Realisierung der Funktionen zu erarbeiten. Dies erfolgt auf Basis der Anforderungen und betrifft das Systemdesign sowie die Konzeption von Implantatgeometrie, Sensorik, Befestigung und Positionierung der Baugruppen. Außerdem werden in diesem Arbeitspaket die optimalen missionskritischen Komponenten (ASICs, Prozessor, Antennen, Spulen, Energiebausteine) unter optimalen Integrationsgesichtspunkten erarbeitet.
Besondere Herausforderungen stellen die mit der anvisierten Implantatfunktion verbundenen Anforderungen dar (z. B. geringes bauliches Volumen, geringe Leistungsaufnahme, hohe Funktionsdichte und Temperaturdehnungen). Diese machen den Einsatz von hochflexiblen und biokompatiblen Materialien wie z. B. LCP (Liquid Crystal Polymer) oder Polyurethan als Schaltungsträger erforderlich. Die Einzelelektroden können durch Metallisierung unmittelbar auf dem Keramikgehäuse aufgebracht werden. Vielpolige Mikro-Feedthroughs gestatten den Aufbau flexibler vielkanaliger Elektrodenstrukturen auf Folienbasis. Zu implementieren sind auch Funktionen zur Ausfallsicherung (z. B. Datenintegrität, Eigendiagnose, Sicherheitsfunktionen).
Technologisch erfolgt eine Fokussierung auf miniaturisierte und mechanisch flexible Mikrosysteme einerseits sowie auf technologisch komplexe monolithische oder hybride Systeme andererseits. Neben der klassischen Aufbau- und Verbindungstechnik erfolgen die Entwicklungen zur Einbettung aktiver Komponenten in Leiterplatten, wodurch eine deutlich höhere Miniaturisierung bei zusätzlicher Steigerung der Belastbarkeit der so hergestellten Baugruppen erreicht werden kann. Der wesentliche technologische Ansatz basiert auf der sogenannten Embedded Component Technology (ECT) – Integration von dünnen passiven Komponenten und flexiblen ultradünnen Chips in die Leiterplatte. Dadurch kann eine erhebliche Steigerung der Funktions- und Systemintegration in der Leiterplatte erreicht werden.
AP3 Packaging
GeSiM druckt starre oder flexible 3D-Gehäuse mittels AM (Additive Manufacturing) aus keramischen Werkstoffen oder Biopolymeren wie PCL und PolyActive. Die AM-Technologie der GeSiM steht ergänzend zur CT-ETEC-Hausung, die starre und hermetisch dichte Keramik-Hausungen entwickeln, zur Verfügung. Biokompatible, hermetisch abgeschlossene Keramik-Hausungen mit ausreichender Bruchfestigkeit sollen aus transparenter Keramik gefertigt werden. Die Ansprüche an die Keramik sind biokompatible Eigenschaften, eine Transparenz im IR-Bereich (λ= 1,07 µm) und eine ausreichende Bruchfestigkeit. Es gibt keine direkte Mensch-Technik-Interaktion über das Implantatgehäuse. Allerdings müssen bei der Ausgestaltung die Restriktionen der jeweils eingesetzten Technologie zur Signalübertragung (z. B. optisch, Funk) berücksichtigt werden, die den Austausch von Daten realisiert und damit eine Mensch-Technik-Interaktion technisch ermöglicht. Hierzu zählen zum Beispiel optische Fenster oder der Einbau ferromagnetischer Materialien zur Optimierung der Feldcharakteristik elektromagnetischer Strahlung.
In AP 3.1 wird an der mechanischen Modifikation der extrem harten Keramik gearbeitet, die zu einer freigeformten Fläche ausgebildet werden soll. An Zwischenmodellen sollen erste Experimente mittels biokompatibler Fügematerialien durchgeführt werden, die auf die finale Geometrie übertragen werden. Dabei sind einzelne Flächen poliert auszuführen, so dass sie sich zur IR-Signalübertragung eignen. Die in AP 3 involvierten Projektpartner sind in die Entwicklung integriert, um die Metallisierung der Keramik und die Durchkontaktierung in Konzept und Spezifikation einzupassen. In einem experimentellen Ansatz soll gemeinsam mit VARTA die Integrierbarkeit eines Mikroenergiespeichers in ein keramisches Gehäuse überprüft werden.
AP4 Biotelemetrie
Die breitbandige, kabellose Kommunikation mehrerer Implantate in einem Netzwerk in Echtzeit kann nicht mit einer bekannten Übertragungstechnologie bewerkstelligt werden und ist eine der großen Herausforderungen dieses Projekts. Dieses Arbeitspaket umfasst insgesamt die Entwicklung innovativer Technologien und Methoden der Signalverarbeitung, der kabellosen Daten- und Energieübertragung und der Entwicklung der gesamten Firmware. Applikationsbedingt und aufgrund der anspruchsvollen sowie komplexen Systemarchitektur müssen insbesondere die folgenden Anforderungen bei der technischen Realisierung berücksichtigt werden:
- Echtzeitfähigkeit und konstante Latenz
• Synchronisation der Datenströme im Netzwerk
• Minimierung des Platz- und des Energiebedarfs
• Robustheit, Sicherheit und Zuverlässigkeit der Datenübertragung
• Modularität des Systems auf Hard- wie auch auf Softwareebene
Ausreichende Datenbandbreite zur Klassifizierung der Biosignale; ggf. Minimierung der zu übertragenen Daten mithilfe von Methoden zur Signalvorverarbeitung oder Kompression.
AP5 Zentrale Steuereinheit
Die zentrale Steuereinheit wird in der finalen Ausgestaltung eine für den Patienten tragbare Basisstation sein, die mit ihrem Energiespeicher das Implantatenetzwerk 24 Stunden mit Energie versorgen kann. Darüber hinaus stellt die Einheit den zentralen Knoten innerhalb des Kommunikationsnetzwerks der implantierten und extrakorporalen Komponenten dar und ist damit eine wesentliche, auf den Nutzer angepasste Schnittstelle der Mensch-Technik-Interaktion. Weitere Schnittstellen bestehen zum Eye Tracking-System, zu Stimulations- und Auswerteeinheiten (IOM, inomed) und zum Software Frontend. Die Steuereinheit verfügt über eine geeignete Lademöglichkeit. Beim Design werden insbesondere Anforderungen der Gebrauchstauglichkeit und der Ergonomie für die drei verschiedenen Anwendungsszenarien berücksichtigt.
AP6 Mensch- Technik- Interaktion
Die Interaktion zwischen der Technik und verschiedenen menschlichen Nutzern, wie dem Patienten, dem betreuenden Arzt oder Technikern soll auf verschiedenen technischen Ebenen realisiert werden. Beispielsweise soll der Patient über ein Eye Tracking mit entsprechendem Bridging zu den Stimulatoren die Aktoren steuern können, um damit eine Greifbewegung auszulösen. Gleichzeitig sollen der Patient, Arzt und Techniker über PC und mobile Endgeräte gestufte Einflussmöglichkeiten auf Steuerprogramme, Stimulationsprogramme und Messwerte haben. Um eine individualisierte Therapie und patientenbasierte Einflussnahme zu gewährleisten, müssen unterschiedliche, sichere, auf Basis des Knowhows der jeweiligen Personengruppe angelegte Userinterfaces unter Berücksichtigung der Usability und Userexperience konzipiert und umgesetzt werden. Auf Basis von zu klassifizierenden Nutzsignalen (EMG, ENG, Darmmotilität) müssen Stimulationssignale und Signalsequenzen an den Elektroden generiert werden. Weiterhin soll eine Datenbank für die Speicherung und Archivierung patientenbezogener Stimulationsprogramme entstehen, die für den einzelnen Patienten (durch den Patienten selbst) oder aber patientenübergreifend (anonymisiert durch den Arzt) zugreifbar ist.
AP7 Evaluierung und Validierung
Im Rahmen dieses Arbeitspakets erfolgt die technische Evaluierung im Labor gemäß einschlägiger Normen und unter besonderer Berücksichtigung der Regulatory Affairs. Dies ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Technologietransfer im Anschluss an die Projektlaufzeit. Darüber hinaus erfolgt die präklinische Evaluierung und wissenschaftliche Bewertung für die ausgewählten Anwendungsszenarien.
AP8 Strukturbildung
In diesem Arbeitspaket geht es um die Nachhaltigkeit der Ergebnisse des Projekts und um die Untersuchung von deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Es werden fortlaufend die Möglichkeiten der strukturbildenden Maßnahmen geprüft sowie ethische und rechtliche Fragestellungen bearbeitet und entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betrieben.